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Im September 2019 gab der als Journalist, Autor, Verleger und Lektor tätige Dennis Grabowsky sein Buch „Verschwundene Orte in Berlin“ heraus. Es ist im Verlag „Bild und Heimat“ erschienen und umfasst 143 Seiten sowie, das sei gleich hier lobend erwähnt, zahlreiche sehr gute, historische Fotos. Der Autor nimmt den Leser auf einen ausgiebigen Spaziergang durch das alte Berlin mit, an Orten, die einst vorhanden waren. Längst hat der Zahn der Zeit daran genagt und man kann anhand der Fotos sich ausmalen, wie es einst dort aussah. Der ein oder andere Leser kennt den Ort noch aus früheren Lebensjahren, jüngere Leser sind da chancenlos. Den ein oder anderen Ort sollte man auch gar nicht kennen, zumindest von innen nicht!

So stellt uns beispielsweise Dennis Grabowsky auf S. 33 das „Zellengefängnis Moabit“ vor. Hier saßen der Schriftsteller Erich Mühsam und der SED-Politiker Erich Honecker einst ein. Das der Normalsterbliche hier nie zu Gast war, ist kein Verbrechen! Wo einst das Zellengefängnis mit Kirche, Beamtenwohnungen und Friedhof sich befand, stehen heute Schrebergärten. Unten ruhen die in der Haft verstorbenen Gefangenen, auch die Hingerichteten und die verstorbenen Gefängnisbediensteten, heute wachsen über ihren Gräbern Rosen, Kohlrabi und Kartoffeln. So etwas wird man weltweit nur in Berlin finden. Es wird sicherlich nur noch ganz wenige Menschen geben, die die auf S. 61 gemachten Angaben zum Voxhaus noch erlebt haben dürften und sich daran erinnern können! Am 29. Oktober 1923 war hier die Geburtsstunde des Radios in Berlin. In der Potsdamer Straße besaß der Radiosender lange Zeit sage und schreibe nur drei Schallplatten! Es lag daran, dass man nicht rund um die Uhr gesendet hatte und an den wenigen Stunden, wo man Radio hören konnte, die Musiker ins Studio kamen und live spielten. Bereits 1931 war das Voxhaus zu klein geworden. So zog man nach Charlottenburg in die Nähe des Berliner Funkturms um. Aufgrund der Teilung Berlins befand sich das Voxhaus nach 1945 im sogenannten Niemandsland. Das Gebäude fiel 1971 der Spitzhacke zum Opfer. Heute ist auf dem ehemaligen Areal des Voxhauses der Kollhoff-Tower am Potsdamer Platz anzutreffen. Vielen Lesern aus Berlin und den Berlintouristen dürfte ein Gebäude in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs Zoo noch in guter Erinnerung sein. Es fiel erst 2010 der Spitzhacke zum Opfer. Vor allen Dingen Fußballfans ist „Holst am Zoo“ in guter Erinnerung. Der Gastronom Uwe Holst war von 1979 bis 1985 sogar Hertha BSC Berlin Präsident. Bis 2002 gehörte er regelrecht zum Inventar seiner Gaststätte. Dann gab er sie im Alter von 80 Jahren ab. Er ist 2010 im Alter von 88 Jahren verstorben. Bei „Holst am Zoo“ trafen sich vor den Punkt- und Pokalspielen der Hertha „Freund und Feind.“ Am Bahnhof Zoo stiegen die Fans des FC Schalke 04, Borussia Dortmund und Hannover 96 und der anderen Mannschaften aus. Es ging sofort rüber auf die andere Straßenseite zu „Holst am Zoo.“ Man trank friedlich sein Bierchen oder seinen Kaffee, egal ob Herthaner oder Dortmunder. Die Fans mit dem blauen Herthaschal um den Hals waren sich sicher, ihr Team geht als Sieger vom Platz. Das dachten die Fans mit dem schwarz-gelben Schal von Borussia Dortmund auch von ihrem Team. Natürlich hingen bei „Holst am Zoo“ Fotos mit original Unterschrift von Fußballgrößen, die von allen Fans, egal für welche Mannschaft ihr Fußballerherz schlug, verehrt worden sind. Heute findet man an der dieser Stelle in der Joachimsthaler Straße in Charlottenburg den Neubau eines Geschäftes. Das sind nur drei sehr gute Beispiele von vielen anderen Orten in Berlin, die verschwunden sind und die Dennis Grabowsky für uns regelrecht wachgeküsst hat. Das Schloss Monbijou, das Lessing-Haus am Königsgraben, der Flugplatz Staaken, der Sportpark Steglitz und viele andere Berliner Orte werden in Erinnerung gerufen oder man hört zum ersten Male von ihnen. Beim Lesen des Werkes von Dennis Grabowsky wird einem wehmütig. Unweigerlich stellt man sich sehr oft die Frage: „Die gute alte Zeit, wohin ist sie entschwunden? Nie kehrt sie wieder, so frei und ungebunden. Vergebens spähe ich umher, ich finde ihre Spur nicht mehr.“ Jeder Leser muss auch individuell seine eigene Antwort darauf finden, ob die bereits vergangenen Jahre wirklich für ihn besser waren als das heute. Eines ist aber nicht zu bestreiten: Beim Werk „Verschwundene Orte in Berlin“ von Dennis Grabowsky handelt es sich um ein sehr gutes Buch! Das Berlin von gestern und vorgestern lässt der Autor Dennis Grabowsky Revue passieren, geschichtlich treffend erzählt und nicht abgehoben aus der Perspektive eines Historikers, der vor Historikern referiert. Das Buch ist im Berliner Verlag „Bild und Heimat“ erschienen. Es kostet im deutschen Buchhandel 14,99 Euro. Die ISBN lautet 978-3-95958-214-8. (Text/Foto: Volkert Neef)